Geschichte - Der Weg zum Zeichen

Nur Salz und Rauch

Leicht würzig, mild und unglaublich zart ist der Katenschinken von Kerstin und Vanessa Oberlies.

Aus Quickborn stammen die leckeren Katenschinken der Familie Oberlies. Von Großvater Kurt einst in Hamburg gegründet, führen heute dessen Enkelin Vanessa mit Mutter Kerstin das über 70 Jahre alte Traditionsunternehmen. Statt Masse garantieren sie Klasse und Qualität in einem manchmal raubeinigen Geschäft.

Etwas anders ist sie ja schon, die Oberlies Holsteiner Katenschinken GmbH, und das gleich in mehrfacher Hinsicht: Der Fleischveredelungsbetrieb befindet sich mit Vanessa und Kerstin Oberlies in fester Frauenhand. Es ist ein Betrieb mit einer über 70 Jahre währenden Tradition und mit einem modernen Ladengeschäft, das sich bester Beliebtheit erfreut, obwohl es in einer unbelebten Seitengasse des Quickborner Gewerbegebietes liegt, fernab der Einkaufsstraßen. Wer hierher kommt, weiß, was ihn erwartet: ein besonderer Holsteiner Katenschinken. „Unser Schinken ist eher weich, eher mild und schonend geräuchert“, sagt Vanessa Oberlies stolz. „Es ist eine große Kunst, sich an der untersten Salzgrenze zu bewegen, sodass man nicht nur den Geschmack des Salzes, sondern vor allem den vollen Fleischgeschmack genießen kann.“

Ehrliche Handwerkstradition

Auch wenn der Name vielleicht etwas anderes vermuten lässt: Kein Holsteiner Katenschinken gleicht dem anderen. Jeder Erzeuger hat sein eigenes Geheimrezept, das sich vor allem in der Würze, aber auch im Raucharoma niederschlägt. Der Markenname ist geschützt, verwenden darf ihn nur, wer einen geschlossenen Kreislauf von Weide und Stall bis an die Fleischtheke garantiert. Eine regionale Nähe sowie die Ausübung ehrlicher Handwerkstraditionen und die Verwendung traditioneller Rezepte sind Pflicht.

„Zur Schinkenveredelung gehören Interesse am Produkt und sehr viel Liebe und Leidenschaft.“
Kerstin Oberlies

Um Sorgfalt, Leidenschaft und Tradition zu schützen, schlossen sich 2006 eine Handvoll Schinken-Räuchereien mit dem Fleischverband Schleswig-Holstein zur Schutzgemeinschaft Schleswig-Holsteinischer Schinkenhersteller zusammen. Nur die rund 30 Mitglieder produzieren den echten Holsteiner Katenschinken, der seit 2012 auch das goldfarbene g.g.A.-Siegel für „geschützte geographische Angabe“ trägt. Und höchste Qualität garantiert dazu das Gütesiegel „Geprüfte Qualität Schleswig-Holstein“ der Landwirtschaftskammer.

Ein Stück vom Leben

„Wir verwenden ausschließlich Schweineschinken, die roh 13 bis 14 Kilogramm wiegen“, sagt Vanessa Oberlies. Diese werden in der Salzkammer des Familienbetriebes an der Max-Weber-Straße von Hand immer wieder in einer Salz-Gewürzmischung gewälzt. Das Rezept stammt noch von Großvater Kurt und wird gehütet. Anschließend räuchern die Schinken im rund 20 Grad kühlen Katenrauch über reiner Buchenspäne. Bis aus einem rohen Schweine- ein Holsteiner Katenschinken wird, vergeht ein Vierteljahr. „Ein Drittel der Zeit wird gesalzen, ein Drittel geräuchert, das letzte Drittel benötigt der Schinken zum Reifen.“ Bis zu 50 Mal wandert jeder Schinken durch die Hände von Fleischermeister Helge Pahrmann sowie von Vanessa und Kerstin Oberlies. Die Chefinnen packen natürlich mit an. „Wir sind hier zu dritt, da wird jede Hand gebraucht.“ Alles andere käme Vanessa Oberlies nicht in den Sinn. „Das ist ein Stück vom Leben.“ Oberlies vermarktet direkt. Ihre Schinken liefern sie an Fleischereien, Supermärkte und Hofläden, vermarkten sie online und verkaufen sie nicht zuletzt im eigenen Ladengeschäft.

Vanessa und Kerstin Oberlies arbeiten noch genau so, wie Firmengründer Kurt Oberlies, der 1951 zusammen mit seiner Frau Annemarie eine Schlachterei im Hamburger Stadtteil Groß Borstel geründet hat. Damals sprach sich vor allem die Qualität des Katenschinken des gelernten Schlachtermeisters herum, sodass sich Oberlies 1957 allein darauf spezialisierte. „Katenschinken galten schon damals als Spezialität. Jeder, der es sich leisten konnte, hat sich einen Schinken in den Keller gehängt“, blickt Kerstin Oberlies zurück. Aufgrund der steigenden Nachfrage errichtete Kurt Oberlies 1978 in Quickborn direkt an der Autobahnabfahrt der A 7 einen größeren Veredelungsbetrieb mit integrierten Salz-, Lager- und Räucherkammern. 1981 übernahm sein Sohn Eckhard, auch er ausgebildeter Schlachtermeister, mit Ehefrau Kerstin den Betrieb. Nach Eckhards Tod 2006 stieg Tochter Vanessa mit ein. Sie hatte zuvor eine kaufmännische Lehre absolviert. „Das war meine eigene Entscheidung. Ich fühle mich mit dem Betrieb verbunden.“ Sie hat es nie bereut. „Ich bin glücklich hier.“

Zunehmende Wertschätzung

Schinkenveredelung ist kein Ausbildungsberuf. „Das lässt sich nur im Tun erlernen. Dazu gehören Interesse am Produkt und sehr viel Liebe und Leidenschaft, um gute Qualität zu erzielen.“ Vanessa Oberlies versprüht diese Leidenschaft. Und sie blickt optimistisch in die Zukunft. „Ich freue mich, dass immer mehr junge Leute bewusst gut erzeugte regionale Produkte kaufen.“ Das spürt Oberlies im Ladengeschäft in Quickborn, aber auch in den zahlreichen Hofläden im gesamten Norden, die sie beliefern. „Gut erzeugte Lebensmittel haben ihren Preis. Dass dies zunehmend wertgeschätzt wird, kommt uns zugute.“

Text: Susanne Hansen

Photo: www.pepelange.de

Stand: 2019