Prüfen macht lecker
Stürzen, schnuppern, schmecken – bis ein Joghurt das Zeichen „Geprüfte Qualität Schleswig-Holstein“ tragen darf, muss er allerhand Analysen und Tests bestehen.
Für jede der insgesamt fünf Produktgruppen gelten spezielle Qualitäts- und Prüfbestimmungen. So auch für Molkereiprodukte. Streng sind sie immer. Ein Prüfverfahren beginnt auf dem Betrieb des Herstellers. Die zweite Stufe erfolgt im unabhängigen Labor für Lebensmittelprüfungen. Das letzte Wort hat schließlich der Qualitätsausschuss. Wie das im Einzelnen vor sich geht? Folgen Sie dem 4 Jahreszeiten Joghurt: frisch gekürt im Jubiläumsjahr …
Im Kühlregal steht eine neue Joghurtsorte. Zwischen den üblichen Schraubgläsern und blickdichten Bechern fällt der durchsichtige Henkeltopf sofort auf. Mit dem Kuh- und Landschaftsmotiv wirkt er pur und nordisch. Das passt gut zum Vollmilch-Naturjoghurt von den Öko Melkburen. Die machen auch die 4 Jahreszeiten Milch. Sie ist nicht nur Biolandzertifiziert, sondern auch mit dem Gütezeichen ausgezeichnet. Genau wie dieser Joghurt. Das sind erst mal genügend Argumente, um im Einkaufskorb zu landen.
„Prüfen ist Verbraucherschutz:
Der Untersuchungsbericht zeigt, ob ein Produkt bestimmten Richtlinien entspricht. Die des Gütezeichens sind streng, hier geht es immer um Spitzenqualität.“
JENS PETER RUGE, AGROLAB-Labor
„Als Erstes reagieren wir immer auf das Äußere, auf die Verpackung. Nicht nur als Verbraucher“, erklärt Sensoriker Jens Peter Ruge. „Und wenn wir sie geöffnet haben, gucken wir noch mal: Wie sieht das Produkt – in diesem Fall der Joghurt – aus? Dann nehmen wir dessen Geruch wahr und schließlich den Geschmack und die Beschaffenheit. Das ist im Kern schon das Wesen jeder sensorischen Prüfung. Was unbewusst jeder durchführt, bevor er einen Bissen probiert, machen wir hier auch. Aber eben nach verbindlich festgelegten, einheitlichen und damit vergleichbaren Regeln und Kriterien.“
Jens Peter Ruge leitet den Bereich Sensorik des AGROLAB-Labors in Kiel. Das unabhängige Prüflabor ist spezialisiert auf Wasser-, Umwelt-, Agrar- und Lebensmittelanalytik. Zu den Kunden zählen internationale Lebensmittelhersteller und Handelsketten ebenso wie einzelne Landwirtschaftsbetriebe. „Jeder ist für uns gleich wichtig“, betont Ruge. „Mit dem Gütezeichen ist es aber schon etwas Besonderes. Uns verbindet eine lange Geschichte. Wir sind sehr stolz darauf, mit unserer Arbeit in der Region auch etwas für die Region zu tun.“ Alle Laborprüfungen, die im Rahmen der Verleihung des Gütezeichens notwendig sind, werden hier im AGROLAB-Labor durchgeführt. Dabei sorgen drei verschiedene Untersuchungen für Qualität und Sicherheit: die chemische und die mikrobiologische Analyse sowie die sensorische Prüfung. Nur wenn alle Parameter stimmen, das Gesamturteil die nötige Punktzahl ergibt, wird ein Produkt dem Qualitätsausschuss vorgestellt. Für die laufenden Kontrollen nach Zeichenvergabe ist dann wieder das unabhängige Labor zuständig.
Slow milking
Auf Hans Möllers Bioland-Hof in Lentföhrden hat Qualität ihren ganz eigenen Beat. Hier geht es ruhig zu, auch und gerade beim Melken. Ganz klar: Je weniger Stress eine Kuh hat, umso besser ist der Ertrag der Milch. 15 bis 20 Liter pro Tag geben Möllers Kühe im Schnitt, halb so viel wie eine Hochleistungskuh. Die Herde der Schwarzbunten Niederungsrinder ist mit 30 Tieren eher klein. Möller setzt bewusst auf diese robuste Rasse. „Sie ist zwar nicht so groß, hat aber ganz gut Fleisch auf den Hüften. Das vermarkten wir auch.“ Typisch ist auch das kleine Euter. Es scheuert nicht so leicht an den Schenkeln und entzündet sich entsprechend selten. Angeführt von Leitkuh Mausi lebt die Herde das ganze Jahr auf der Weide. Ein Unterstand sorgt für Schutz. In den Stall gehen die Tiere nur zur Melkzeit. 4 Jahreszeiten Milch: Der Name ist Programm. Ihr guter Geschmack steckt im Futter.
„Unsere Tiere fressen nur Gras und im Winter unser eigenes Heu. Im Laufe der Weideperiode ändert sich die Struktur des Grases und damit auch der Milch. Das schmeckt man, denn je nach Jahreszeit variiert der Fettgehalt zwischen 3,9 und 4,2 Prozent.“ Im Frühjahr, wenn die Temperatur kontinuierlich bei 15 Grad bleibt, hat das Gras die meiste Energie. „Da hört man das Gras wachsen. Das spüren auch die Tiere. Die lieben es, in diesem frischen Duft zu liegen!“ Auch die Witterung beeinflusst den Geschmack. Regnet es viel, nehmen die Kühe mehr Wasser mit auf. Der Fettgehalt sinkt, und die Milch wird süffiger. Wintermilch ist am kräftigsten. „Das ist von der Natur auch so gewollt“, erklärt Möller. „Da brauchen wir ja die meiste Energie.“
Die Milch wird schonend pasteurisiert, aber bewusst nicht homogenisiert. So lässt sich erschmecken, wie sich die Milch wandelt. Entsprechend unterschiedlich schmeckt auch der Joghurt. Alleine mit seiner Herde könnte Möller seine Produkte nicht unter einer eigenen Linie vermarkten. Darum hat er sich 2011 mit zwei anderen Familienbetrieben zu den Öko Melkburen zusammengetan. Alle liegen nah beieinander im Kreis Steinburg.
Alle halten ihre Tiere auf die gleiche Art. Und alle drei sind Mitglieder der Meiereigenossenschaft Horst. Dort werden Milch und Joghurt weiterverarbeitet, verpackt und in die Region ausgeliefert. „Als Region definieren wir alles im Umkreis von 100 Kilometern“, führt Möller aus. Für die Produkte das Gütezeichen zu beantragen war nach einer gewissen Zeit nur konsequent. Bedenken hatten die Öko Melkburen nicht. „Es ist ja freiwillig. Da muss man schon selbstbewusst genug sein. Und das waren wir – 2014 mit unserer Milch und jetzt auch mit unserem Joghurt.“
Der Kandidat hat 5 Punkte
Beide haben den Prüfprozess einwandfrei bestanden. In der sensorischen Prüfung gelten die Prüfschemata der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, DLG. Im „Prüfschema für saure Milcherzeugnisse ohne Zusatz“ sind für jedes Kriterium alle Eigenschaften aufgeführt, die ein Joghurt nicht aufweisen darf. Bei einem Erstantrag muss er in Aussehen, Konsistenz, Geruch und Geschmack 5 von 5 Punkten erreichen. Nur dann wird er dem Qualitätsausschuss vorgestellt. In der echten Prüfung war das für den 4 Jahreszeiten Joghurt kein Problem. Für den Fototermin stürzt Sensorikerin Angelika Timm ihn noch einmal auf einen Teller. Er läuft ein bisschen auseinander. „Macht nichts, er ist ja auf der Packung nicht als stichfest bezeichnet. Der Geruch insgesamt ist sehr frisch.“ Das findet ihre Kollegin Susanne Siemens auch. „Für mich schmeckt er leicht zitronig, obwohl er ja naturbelassen ist. Ganz, ganz toll!“ Jens Peter Ruge hätte mehr Säuerung erwartet. „Der Joghurt ist sehr mild. Aber auch cremig.“
Ist das Prüferteam sich schließlich einig und lautet das Gesamtergebnis „ohne Mängel“, geht es als Vorlage an den Qualitätsausschuss. Damit hat das Produkt die letzte Instanz der Prüfung erreicht, bevor das Gütezeichen verliehen wird.
Bioland-siegel und Gütezeichen ergänzen sich
Die 14 ehrenamtlichen Mitglieder des Qualitätsausschusses kommen alle drei Monate zusammen. „Wir kommen alle aus ganz verschiedenen Fachbereichen und bringen entsprechend vielfältige Kompetenzen mit ein“, erklärt Gudrun Köster. Die Referentin für Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein ist seit neun Jahren dabei. „Man muss differenzieren können und braucht eine gewisse Geschmackserfahrung“, betont sie. „Nur weil einer keinen Joghurt mag, darf er diesen nicht durchfallen lassen. Es geht ja immer um produkttypische Eigenschaften.“ Auch das Etikett wird geprüft: Steht alles drauf, was draufstehen muss? Sind die Angaben sinnvoll oder vielleicht irreführend? Gibt es Auffälligkeiten, die zu beheben sind, geht dies als Hausaufgabe noch mal an den Hersteller zurück. Er darf dann sein Produkt erneut vorstellen. Beim 4 Jahreszeiten Joghurt lief alles glatt.
„Das Gütezeichen stiftet kulturelle Identität, indem die Produzenten, aber auch die Käuferinnen und Käufer Verbundenheit mit der Region zeigen.“
GUDRUN KÖSTER, Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein
„Die Verknüpfung von Bioland-Siegel und Gütezeichen ist natürlich toll. Davon wünsche ich mir mehr, denn ein Biosiegel allein sagt ja noch nichts über die Regionalität eines Produkts aus. Zusammen mit dem Gütezeichen entsteht eine echte Win-win-Situation.“ Gudrun Köster beobachtet einen Wandel des Qualitätsbegriffs bei Verbrauchern.
„Die Prozessqualität spielt eine zunehmend große Rolle: Unter welchen sozialen Bedingungen wird ein Produkt hergestellt? Wie ist es um das Tierwohl bestellt? Wie kurz oder lang sind Transportwege? Gefragt sind Produkte, die nicht nur gut schmecken, sondern mir auch ein gutes Gefühl geben.“
Der Qualitätsausschuss nimmt solche Impulse auf und diskutiert die Weiterentwicklung der Qualitäts- und Prüfbestimmungen. Hier ist Premiumqualität das Ziel. „Wir informieren uns auch regelmäßig vor Ort auf Höfen oder an Produktionsstätten“, ergänzt Gudrun Köster. „Alles in allem sind wir die unabhängige Instanz zwischen Produzent und Verbraucher. Verbraucher können darauf vertrauen, dass ein Produkt hält, was das Gütezeichen verspricht.“
Susanne Kollmann
Stand: 2015